Seit 1995 erinnern Stolpersteine an Verfolgte des NS-Regimes. Die Historiker-Genossenschaft eG forscht seit Jahren intensiv über die Genossenschaftsgeschichte und erinnert nun an verfolgte Genossenschaftler.

Wer kennt sie nicht, die kleinen quadratischen Messingtafeln in den Fußwegen, die die Lebensdaten von Verfolgten enthalten? Der Künstler Gunter Demnig hat 1995 begonnen, mit diesen Stolpersteinen an das Schicksal von Menschen zu erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden. In Deutschland und 26 weiteren Ländern wurden inzwischen über 90.000 Gedenksteine verlegt. Die Stolpersteine bilden damit weltweit das größte dezentrale Denkmal.

2021 hat die Historiker-Genossenschaft eG einen Stolperstein für August Ellinger gestiftet. Ellinger hat sich bis 1933 für den genossenschaftlich-gewerkschaftlichen Wohnungsbau engagiert. Angesichts drohender Verfolgung durch die Nationalsozialisten nahm er sich am 18. Juni 1933 das Leben. Der Stein wurde am 5. November feierlich am Besenbinderhof, dem Sitz der Historiker-Genossenschaft eG, eingeweiht. „Ich habe mich sehr gefreut, dass etwa 20 Personen an der Einweihung teilgenommen und sich für das Schicksal von August Ellinger interessiert haben“, so der Historiker und Vorstand der Historiker-Genossenschaft eG Dr. Holger Martens

Ob Genossenschaftsmitglied oder Mitarbeiter von Genossenschaften, Genossenschaftsverbänden oder genossenschaftseigenen Unternehmen, es gab auch im Genossenschaftsbereich eine Reihe von Menschen, die aus rassischen oder politischen Gründen verfolgt wurden. An sie zu erinnern, ist Ziel der Aktion „Stolperstein für Genossenschaftler“. „Wir haben beschlossen, weitere Stolpersteine zu finanzieren und die Patenschaft für vier weitere Stolpersteine zu übernehmen. Die bekannten Genossenschaftswissenschaftler Prof. Dr. Ernst Grünfeld und Prof. Dr. Georg Brodnitz erhalten einen Gedenkstein an ihren letzten Wohnort in Berlin. Beide waren jüdischer Herkunft, Grünfeld nahm sich 1938 das Leben, Brodnitz wurde 1941 deportiert und ermordet. Weitere Stolpersteine sind für Dr. Andreas Hermes, dem Präsidenten des Deutschen Raiffeisenverbandes, der sich an den Widerstandsaktivitäten im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 beteiligte, und für Eugen Grimminger, nach 1945 Präsident des Landesverbandes landwirtschaftlicher Genossenschaften in Stuttgart, der zum Unterstützerkreis der Weißen Rose gehörte, angemeldet. An sie wollen wir erinnern. Ich hoffe, dass unsere Initiative im Genossenschaftsbereich Unterstützung findet und mit den Stolpersteinen an weitere Genossenschaftler erinnert wird“, so Dr. Holger Martens.

Zunächst standen die verfolgten Menschen jüdischer Herkunft im Mittelpunkt der Erinnerung, später wurde das Projekt Stolpersteine auf alle Opfer ausgedehnt: Juden, politisch Verfolgte, Roma und Sinti, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Zwangsarbeiter und Euthanasie-Opfer. Dabei können nicht nur Menschen einen Stolperstein bekommen, die unter der Gewaltherrschaft zu Tode gekommen sind, sondern auch solche, die die NS-Zeit überlebt haben.
Heute sind die Stolpersteine fester Bestandteil der Erinnerungskultur in Deutschland. Es gibt örtliche Initiativen, die sich um die Erstellung von Biografien und die Verlegung von Stolpersteinen kümmern. In Schülerprojekten wird über die Verfolgten geforscht. Ausstellungen und Internetportale informieren über die Lebensläufe der Opfer. Das Kunstprojekt von Gunter Demnig hat es geschafft, dass sich zahlreiche Bürger:innen mit dem Schicksal der verfolgten Menschen auseinandersetzen und somit der wahre Charakter der NS-Herrschaft als eine menschenverachtende Diktatur erkennbar wird und nicht in Vergessenheit gerät.

Projekte leben von Impulsen. Mit der Aktion „Stolpersteine für Genossenschaftler“ möchte die Historiker-Genossenschaft eG einen solchen Impuls geben und im Genossenschaftsbereich Beiträge zur Erinnerungsarbeit anregen. Auch in den Genossenschaften und ihren Verbänden waren Menschen jüdischer Herkunft Mitarbeiter oder Mitglieder. Es gab Genossenschaftler, die nicht zu Mitläufern oder NS-Aktivisten wurden, sondern Widerstand leisteten und dafür zu Haftstrafen oder gar zum Tode verurteilt wurden. Andererseits gab es auch im Genossenschaftsbereich eine Beteiligung an der Arisierung, sodass hier Stolpersteine ein Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte sein können.

Die Historiker-Genossenschaft würde sich sehr über eine Unterstützung der Aktion freuen und hofft auf weitere Stolpersteine für Genossenschaftler.
Sie möchten mehr wissen über die Aktion? Wenden Sie sich gerne an: info@historikergeno.deinfo@historikergeno.de oder Dr. Holger Martens 0172 1679296

Wenn Sie mehr über August Ellinger erfahren möchten, finden Sie hier einen Artikel aus der Zeitschrift der Wohnungswirtschaft.


Foto 1: Dr. Holger Martens, Vorstand der Historiker-Genossenschaft eG und Andreas Otto, Vorstandsvorsitzender der Gifhorner Wohnungsbau-Genossenschaft eG und Verbandsratsvorsitzender des vdw Niedersachsen und Bremen bei der Einweihung des Stolpersteins für August Ellinger am 5.11.2021

Foto 2: Einweihung des Stolpersteins für August Ellinger am 5.11.2021

Aktion „Stolpersteine für Genossenschaftler“

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